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Ein Stück Glück In Der Tristesse Der Roaring Twenties
«Gatz»: ein Great-Gatsby-Experiment am Theaterspektakel
von Alexandra Kedves
Rund sieben Stunden dauerte das integrale «Vorlesen» des grossen Romans der amerikanischen Lost Generation, «The Great Gatsby» von Scott Fitzgerald. Doch obwohl es dabei in der Früh allmählich kühl wurde in der Roten Fabrik, hielt die amerikanische Gruppe Elevator Repair Service sich das Publikum warm. Und holte sich schliesslich heissen Applaus.
Eselsohren und Kaffeeflecken, zerknautschter Einband und zerlesene Seiten: Haben Sie so etwas auch schon mit sich herumgetragen? Ein bis auf den letzten Buchstaben geliebtes Buch? Dann sind Sie richtig bei «Gatz», einer Performance der New Yorker Theater-Kaputtmacher Elevator Repair Service. «Gatz» ist der ganze «Great Gatsby» von 1925; eine Mammutlektüre für all die, die der Sound des Jazz-Age Repräsentanten Scott Fitzgerald noch ins Ohr zwickt. Nichts rotiert mutloser, melancholischer als die dekadenten Roaring Twenties in diesem grossen amerikanischen Roman der sogenannten Lost Generation, in «The Great Gatsby».
Leben, Lieben: eine Seifenblase
Viele haben sich an dem Parforceritt versucht, den literarische Meisterstück auf die Bühnne zu bugsieren, auf die Leinwand zu bannen oder gar in Musik zu übersetzen (das erste Mal bereits im Jahr 1926). Elevator Repair Service dagegen hat von vorneherein das Handtuch geworfen: Das Tolle an dem Buch is das Buch — meint John Collins, Regisseur der 1991 gegründeten Formation, deren stürmische Affäre mit dem Roman, der auf jedem amerikanischen Lehrplan steht, nun schon sieben Jahre währt. Nach etlichen juristischen Problemen darf 2006 endlich zur Aufführung kommen, was gar keine Aufführung ist, sondern eine Liebeserklärung an die Literatur: «Gatz». Das Theaterspektakel hat die Produktion unter dem Stichwort «Schwartze Blumen: Geschichte(n) des 20. Jahrhunderts» eingeladen und für den Förderpreis nominiert. — «Gatz»: Das ist kein Experiment à la Peter Steins «Faust» oder seinen «Wallenstein» in spe, kein Bekenntnis zum Theater, das aus einem schillernden Textberg ausgegraben wird. «Gatz» hineinstürzen, wenn sie über einen jener Zaubersätze stolpern, die genauso unvergesslich sind wie der Gassenhauer, der in der Kneipe spielte, als sie den ersten Kuss bekamen. Nichts, aber auch gar nichts hat die Gruppe Elevator Repair Service aus ihrem Skript gestrichen. Mit dem Erzähler Nick besuchen wir die Buchanans in ihrer Villa. Die Ehe brodelt, doch das Leben der beiden könnte träger nicht sein. Trotz permanentem Party-Hopping und People-Hopping bleibt die Tristesse da. Selbst die grosse Liebe ist bloss eine Seifenblase.
Lesen, Lieben: eine Ewigkeit
Das alles entsteht, während ein kleiner Angestellter in einem heruntergekommenen Büro mit einem Tisch und ein paar verstaubten Regalen sein zerfleddertes Lieblingsbuch von der Präambel bis zur Coda (vor)liest: «The Great Gatsby» (Bühne: John Collins). Der Computer des Mittdreissigers in fahler Krawatte und fadem Hemd (ganz und gar nicht fade: Scott Shepherd) streikt gerade, also gönnt er sich eine — ausführliche — Lesepause. Und auf einmal spielen alle mit: die Sekretärin und der Bürokollege, der Portier und die Postverteilerin. Im Off rauscht der New Yorker Verkehr, und auf der Bühne in der Roten Fabrik hört das teilweise phänomenale Ensemble Fitzgeralds Sprache zu, lässt sie sozusagen singen, nimmt sich wieder zurück. Im Finale scheint der Text sich von selbst seinen Weg durch Shepherds Mund zu bahnen und alles andere beiseite zu räumen, sogar das Buch. «Gatz» is das so nicht wiederholbare «real thing», die Urform wie der Name, hiess der unglückliche Held doch früher Jimmy Gatz, und «Gatz» hat uns im Griff. Beinahe sieben Stunden lang. Keine Minute zu viel.